Sonntag, 29. April 2012

Punchdrunk Lovesick Singalong

Ich sitze auf irgendeinen Boden. Auf irgendeiner Party. Irgendjemand spricht mit mir, aber ich habe ihren Namen vergessen. Ich höre ihr auch nicht mehr zu. Ich weiß nicht mal mehr, ob ich zu dem nicke, was sie sagt. Sie langweilt mich. Ihr Leben scheint in Ordnung zu sein. Perfekt. Was sollte ich in ihrem Leben darstellen? Wahrscheinlich die Person, die alles ineinander zusammenbrechen lässt. Aber das will ich nicht sein. Ich sage irgendwann: Ich habe Durst, hol’ mir bitte ein Bier.“ Sie steht auf und geht weg. Ich hoffe, sie kommt nicht mehr zurück, aber anscheinend will sie mir wirklich das Bier holen. Scheiß drauf. Wenigstens für einen Moment innere Ruhe. Ich ziehe meine Kopfhörer auf und mache die Musik an. Musik ist immer noch der beste Rausch, in dem ich versinken kann. Ich lege mich hin und beobachte die Sterne.
Auf einmal fällt etwas über mich. Ich richte mich auf, um zu schauen, was mir da so fest gegen den Bauch getreten hat. Ein Mädchen. Es liegt am Boden, lächelt und brabbelt irgendwas. Wahrscheinlich irgendwas sinnfreies, jedenfalls sinnfreier als das, was Thom mir gerade versucht zu sagen. Sie schaut mich an, richtet sich auf, drückt meinen Kopf zurück auf den Boden, ich versuche mich dagegen zu wehren, doch das einzige, was sie tut ist, mit der anderen Hand ihren Finger auf meinen Mund zu halten, um zu zeigen, dass ich nichts sagen soll. Ich hätte eh nichts gesagt; ich bin kein Mann der großen Worte. Doch ich sehe es trotzdem als Geste der Beruhigung und höre auf, mich zu wehren. Ich lege mich hin auf dem Boden und höre weiterhin dem paranoiden Androiden zu. Sie legt sich auf meine Brust und klaut sich einen Kopfhörer. Ich hasse es, wenn man das macht. Ich bin dann nur noch halbwegs in einer anderen Welt und muss halbwegs noch diese Scheißwelt ertragen. Doch ich wehre mich nicht. Sie hört einige Sekunden nicht nur meinem Herz, sondern auch der Musik zu, bis sie sagt: „Ich habe Thom nie verstanden, weißt du? Ich meine, ich habe schon McCartney und Lennon verstanden. Ich habe auch Morrissey verstanden. Ja, ich denke sogar, ich habe Ian verstanden. Aber ich denke, ich werde Thom nie verstehen..“ Als ich ihr gerade ins Wort fallen und ihr sagen wollte, dass es auch gut so ist, sagte sie: „Und darum liebe ich ihn so… Verstehst du mich?“  Jeder Idiot hätte jetzt „Ja, natürlich verstehe ich dich“ gesagt. „Nein“, sagte ich. „Und das ist auch besser so.“, fügte ich hinzu.
Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und sah mich so an, als würde ihr die Welt gehören. Ich weiß, dass es nicht so war, aber mir gefiel der Gedanke daran. Ehrlich.
Zugedröhnt mit Rauschmitteln aller Art schien es so, als ob sie mit den Sternen und der Sonne schwebte. Dabei war sie das Einzige, was noch in der Nacht schien. Mit ihrem Rauch, der aus ihrem Mund kam, sorgte sie für Wolken, welche die Sterne erstarren ließ.
Ich wusste, was sie war. Ein glücklicher Unfall, der nur darauf wartete, zu passieren. Und ich, ich war ihr Auslöser. Ich wusste, ich konnte der Mond sein, der ihr entgegen strahlt.
Wir lagen also weiter da, schauten uns die Wolken an und wussten, dass die Sterne niemals für uns scheinen würden. Wir waren selbst dafür verantwortlich, zu scheinen. So kaputt wir auch waren, so scheiße die Welt auch aussah, in dieser Nacht war es mir egal, in dieser Welt zu leben, solange sich nichts an diesem Moment verändern würde. An den darauffolgenden Morgen, an die darauffolgenden Tage will ich mich nicht erinnern. Verdrängung.

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