Montag, 25. Februar 2013

Gespritzte Blumen

Das ist also mein Leben. Ich verlasse dieses Krankenzimmer, das nach Leiche riecht und mit kichernden Kindern verziert ist. Sie finden es wohl urkomisch.
Ich steige in ein Taxi und versinke in den Erinnerungen der letzten Monate. Ich würde sagen, es ist einiges schief gelaufen.
Meine Mutter war ein großer Fan von Schokolade und Fernsehen. Sie hat den ganzen Tag nichts anderes gemacht als zu verwesen. Ich hab sie kaum besucht. Wir verstanden uns nicht mehr so gut und ich musste mich um mein Studium kümmern und so. Irgendwann kam ihr die glorreiche Idee, abzunehmen, weil sie unbedingt in ihr altes Hochzeitskleid reinpassen wollte. Ihr haben die Diäten nicht geschmeckt und der Sport hat ihr nicht gereicht. Sie wollte es schneller, besser, effektiver. Der Grundgedanke amerikanischer Philosophie. Sie ging also zum besten Arzt der Gegend und ließ sich Speed verschreiben, um ihr Hungergefühl zu mindern.
Das bringt mich hierhin. Das waren die letzten Blumen, die ich ihr ans Bett bringen konnte.
Diese Drogen waren stärker, machtvoller, einfach zu viel. Und das bedeutete ihr Ende.
Nun, ich weine.
Aber das hilft mir auch nicht weiter.
Ich würde jetzt gerne auf ein Bier mit meinem besten Freund in eine Bar, aber der Gute sitzt wegen Mord. Er konnte wirklich nichts dafür, dass sein Schweiß in die Augen tropfte und er einfach schoss, weil er sich bedroht fühlte. Mit jedem Knall klopfte er an die Tür der Enthauptung des Lebens.
Ich spüre meine Beine nicht mehr.
Ich könnte natürlich auch zu meiner Freundin, aber ich weiß nicht, wie sie nach dem letzten Streit auf mich zu sprechen ist. Nun hurt sie herum, um sich Koks besorgen zu können. Es stimmt wohl, dass Koks Liebe ersetzt und geeignet für verzweifelte Hausfrauen ist. Sie ist seitdem besser ohne mich dran.
Ich weine und weine, und damit ich im Taxi nicht ertrinke, sollte ich wohl aufhören. Ich habe da ja noch dieses Heroin in meiner Jackentasche, das ich einem Freund geben sollte. Vielleicht gönne ich mir diesen ersten, einzigen und letzten Schuss.
Ich spüre, wie mein Herz den Schmerz frisst und ein starkes Gefühl von Euphorie mich überrumpelt. Irgendwie denke ich dabei an meine Freundin.
Ist schon komisch, was diese Welt mit einem anstellt und wozu sie einen verführt.
Ich habe mir geschworen, lieber unglücklich und alleine zu bleiben als diese falsche, aufgesetzte Glückseligkeit zu ertragen. Aber wir Menschen sind halt nun mal Ruddeltiere. Wir können einfach nicht ohne. Aber irgendwie auch nicht mit. Zum Glück gibt es diese Drogen. Eines Tages werden alle Menschen alleine in ihrem Zimmer sitzen und sich Heroin spritzen, bis es Gold regnet.
Die Sache ist, dass Menschen Drogen sind. Sie können berauschen, wie auch verderben. Sie sind meistens für deinen Absturz zuständig und trotzdem kannst du nicht genug von ihnen bekommen. Warum wir nicht bei Menschen bleiben und anfangen, Drogen zu nehmen?
Du kannst Menschen nicht dafür bezahlen, dass sie dich lieben. Du musst dich selbst verlieren, um an diesem Zustand zu gedeihen. Dafür braucht es Vertrauen. Da wir uns selbst nicht einmal vertrauen können, klappt es auch nicht andersherum. Daran scheitert’s. Also machen wir es uns einfach, lassen ein wenig Geld springen und ergötzen uns an der Erfindung der Drogen.
Ich genieße meinen Zustand und denke darüber nach, mir nur noch einen letzten Schuss zu geben, wenn ich zu Hause bin. Ich schwöre, danach bin ich wieder clean. Oder tot.

Freitag, 1. Februar 2013

Zwischenspiele

„Liebe ist wie ein Kartenspiel. Jeder hat sein Blatt und jeder hat sein Pokerface. Ich habe geblufft, während du es ernst gemeint hast. Du hast zwar das Spiel gewonnen und ich gehe ohne Gewinn nach Hause. Jedoch hast du etwas viel Wichtigeres verloren: Den Spieler, der deine Karten hält.
Begehren bedeutet, sich selbst zu verlieren. Doch es trägt stets einen großen Gewinn zum Vorteil: Jegliche Last von sich nehmen.
Und was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.
Ich will eine nächste Partie. Und dieses Mal mit einem höheren Einsatz: Den Spieler auf der anderen Seite. Bei diesem Einsatz kann man nur gewinnen.“

„Gewissensbisse sind wie, wenn man sich von Wölfen beißen lässt, eine Hingabe zum Schwachsinn anderer. Genau, es ist der Beweis der eigenen Schwäche. Man zweifelt an seiner eigenen Realität, unterwirft sich der Realität anderer und macht sich zum Schoßhund ihres gekränkten Egos. Wo sind bloß die Füchse, die einen knurrenden Wolf zum Schnorren bringen?“

„Schenken sie dir Vernunft, so stehlen sie dir Fantasie. Die Vernunft sind Mauern, die das Dasein begreifbar machen. Fantasie ist unbegreiflich und das Trampolin über die Mauer.
Du willst nicht vorhersehbar sein, so hör auf, vorherzusehen. Sei kein Sklave der Zukunft und somit ein unbewegter Stein der Vergangenheit, sondern ein passierender Unfall in der Gegenwart, der sich von der Blume abhebt.“

„Zeit ist dir ein Feind. Wenn du nicht weißt, was mit dir zu tun, so quält sie dich mit der Länge der Einsamkeit. Teilst du die Zeit mit deinen Liebsten, so teilt sich auch die Zeit. Sie versucht dich von den schönsten Erfahrungen zu entführen. Du musst die Momente fangen, sie Erinnerungen nennen, bevor auch sie vor dir flüchten.
Zeit wird dir stets ein Feind zum Hassen sein, jedoch nicht zum Verachten. Wird die Zeit dir gleich, so wirst du selbst dir gleichgültig und du begibst dich in die Etappe des langsamen Selbstmordes.
Doch die Zeit zu hassen, bedeutet, die Erfolge der Zeit als eigene Erfolge anzusehen. Stiehlt die Zeit dir die schönsten Momente, so kannst du in der Länge der Einsamkeit an sie denken und dich auf die nächsten freuen.
Akzeptiere die Zeit, konkurriere gegen sie und die Schlacht wird schneller vergänglich sein, als dir lieb ist.
Aber wenigstens hast du in der Schlacht geliebt.“

„Schwachsinn bedeutet, seinen eigenen Sinn begraben, damit der Boden empfänglich für den Sinn eines anderen wird. Schwach deswegen, weil man nicht stark genug ist, an seinem eigenen Sinn zu gedeihen.
Schwachsinnige gehören begraben.
Starksinn hingegen bedeutet, standhaft sein eigenes Ideal wachsen zu lassen.
Starksinn bedeutet, bereit zu sein, für seinen Sinn zu sterben. Der menschliche Körper also ist nur ein Zweck, bloß ein Mittel. Eine Überbrückung. Ein Vergehen.
Der Starksinn, die Idee, jedoch ist unsterblich und unausrottbar.“

„Frauen müssen alle Sinne des Mannes betäuben, um ihn den Gnadenstoß der Verführung zu schenken.
Mit ihren Augen muss sie den Mann betrunken machen, sodass er das Reden verlernt und das Nuscheln erlernt.
Mit ihrer Stimme muss sie berauschen, um den Mann bewegungsunfähig machen, sodass ihm jede Fluchtmöglichkeit unmöglich wird.
Mit ihrem Geschmack muss sie paralysieren, sodass die Zunge taub wird und der Mann das Rechtfertigen mit einem Schweigen beendet und der physische Stillstand in Bewegung bleibt.
Mit ihren Berührungen muss sie so einfühlsam sein wie ein Messer. So spiegelreich narzisstisch und scharfsinnig eindringend, sodass ihm seine Paralyse gefällt.
Ihr Geruch entfacht eine fantasievolle Illusion, die den Mann mit einem Lächeln in die Knie zwingt.
In Zeiten der Kommunikationsgesellschaft gilt es, die Frau oral so sehr zu befriedigen, dass sie einem auf die Knie folgt. In Momenten der gleichen Ebene,
wo die Verführung im Auge des Sturms,
der Liebe weht,
so ist der Ausstoß von Glücksgefühlen am höchsten.
Dieser Augenblick,
dieser Ohrgasmus,
dieser Geschmack,
dieses Empfinden,
diese Geruchsaufnahme
wird geteilt und miteinander verzweigt.
In Zeiten der Liebe gilt die Verschmelzung der Körper als Verschmelzung der Geister, die in einer gemeinsamen Welt ihr Unwesen treiben, aufregen und erregen.
In dieser Welt ist jede Untat eine Verschmelzung, jede Unmoral ein Lustgut und jede Fantasie eine Wirklichkeit.
Um diese Ekstase gilt es zu kämpfen, ganz kriegerisch, denn du sinnvolle Frau, ich liebe dich.“

„Wer wenig besitzt, ist umso weniger besessen. Wer nichts besitzt, ist bloß eine unbewegliche Figur auf dem Maskenball.
Hinauf mit der Maske, bewege und lass dich bewegen, denn dann wird der Ball tanzbar und die Masken genießbar.“

„Frauen sind Raubkatzen mit einem Beutel, gefüllt mit lauter Begierden des Mannes. Der Mann muss mit seiner Peitsche zähmen und streicheln.
Die größte Ausdauer verdient den höchsten Preis: Ein kratzender Kuss der Katze.
Und je länger er die Katze bändigt, umso größer werden die Narben.
Das getröpfelte Blut befleckt die Katze und gibt ihrem Fell einen neuen Glanz.
Letztlich geht er an den Bissen und sie an den streichelnden Schlägen zugrunde, aber im Grunde war es Grund genug, sich liebreich beißen und zähmen zu lassen.“

„Das Gemeine ist, was ich in Worten bekleide, damit sie sich in deinem Kopf entblößen und sich dein Verlangen anfängt, sich danach zu sehnen, mich zu verderben.“

„Warum an kleinen Zielen aufhängen, wenn man mit großen Ideen die Guillotine erreichen kann?“

„Entweder man ist sich zu geizig, um immer weiter am Geld zu ersticken oder man ist sich zu billig, um an Konsumgütern an Wert zu verdienen.
Entweder man stirbt als Held oder man lebt solange, bis man selbst das Elend ist.“

„Selbstverbesserung ist stets Selbstbefriedigung und wir alle wissen, dass Masturbation nur so gut wie Secondhand ist. Dies nutzte der jüngste Kapitalist, der wahrscheinlich religiös war, denn der Ursprung liegt bei Adam und Eva.
Es wurde die Moral offenbart, dass man sich schämen sollte, mit bloßem nacktem, schönem Körper herumzustolzieren und so wurde der Markt in Kleidung angekurbelt. Früher war das, was wir trugen, unsere Fassade.
Seit der plastischen Chirurgie ist es unser Körper, den wir zu verbessern versuchen, um mentale Schwächen nicht durch mentale, sondern materieller Behandlung zu heilen versuchen, weil es uns stärker zu machen scheint und Kleidung allein nicht mehr genug Profit schlägt.
Was versuchen wir als nächstes, physisch an uns zu verbessern, um uns psychischer noch schwächer zu machen?
Je schwächer der Konsument, umso stärker besteht das Verlangen, verführt und somit geführt zu werden.
Jedoch verachte ich nicht die Idee der Kleidung, sondern lediglich die Ursache.
Denn das, was ich an einem Menschen anziehend finde, will ich ausziehen und seit der plastischen Chirurgie wird dieses Verlangen unterdrückt, denn ich möchte keinem Menschen seine Körperteile vom Leibe reißen.“

„Was Frau dir tut, was Mann nicht will, so lehr ich's dir, bestraft Mann still.“


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